Gemeindebackhaus

Bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1387 wird in Winningen ein Backhaus genannt. Bei dem am 29. Juni 1424 abgehaltenen Vogtgeding wurde angeordnet, dass jedermann verpflichtet sei, in dem für die Allgemeinheit errichteten Backhaus zu backen. Um 1560 wird auch der Gefängnisturm (damals „Stock“ genannt, welcher sich bis dahin im Fronhof befand) auf dem Backhausgelände neu errichtet.Neben dem Gemeinderathaus dürfte das Gemeindebackhaus über viele Jahrhunderte der zentrale Ort im Flecken Winningen gewesen sein. Dies spiegelt sich unter anderem wider in einem Bericht aus dem Jahr 1562, als beim Verkauf des Fronhofes an den Kurfürsten und Erzbischof von Trier den „Untertanen“, insbesondere den sieben Schöffen, von den sponheimischen Räte „Ungehorsam“ vorgeworfen wurde, da sie nicht gemäß dem sponheimischen Weistum handelten. 

Seit 1568 ist bekannt, dass die Backwaren durch einen angestellten Bäcker gefertigt wurden, der eine Art Monopolstellung besaß, da die Einkünfte in die Kassen der Landesherren flossen.

Aus dem Jahr 1571 ist ein „Gemeindebäcker Philip“ bekannt. Erst als sich die Gemeinde im Jahre 1663 zur Instandhaltung des Backhauses verpflichtete, fiel ihr die Hälfte der Einnahmen zu. Aus einem Bericht des damaligen Vogtes Storck an den Amtmann von Kastellaun, Georg Friedrich von Wolframbsdorf, aus dem Jahr 1681 erfahren wir näheres zur Instandhaltung des Gemeinde-Backhauses und den „Verpflichtungen“ des Gemeindebäckers. Im Flecken Winningen gäbe es seit unerdenklichen Jahren ein gemeines Bannbackhaus. Dieses werde von der Gemeinde im Bau erhalten, zuweilen werde aber von der Herrschaft zu den Baukosten etwas zugeschossen. Dagegen erhalte die Herrschaft jahrlich 7 Rädergulden Backhauszins. In späteren Jahren sei dieser Zins zu 9 Gulden 8 Albus kurrenter Moselwährung reduziert worden. Der Bäcker habe von jedem Malter Mehl, das er zu Brot verbacke, „ein genanntes von dem in das Backhaus gebrachten Teig abgewogen“, davon bekomme er für seine Mühe zwei Drittel und ein herrschaftlicher Vogt wöchentlich ein Drittel an Brot. Dagegen ziehe der Vogt die genannten 7 Rädergulden für die Herrschaft ein (die Geldbesoldung für einen Vogt betrug ebenfalls nicht mehr als jährlich 7 Rädergulden). Darüber hinaus gebe der Bäcker dem Vogt für einen Albus Wecke. Ihm selbst sei erlaubt, neben dem Roggenbrot auch Wecke oder Weißbrot, „und zwar so viel wie er will“, zu backen. 

Auch sei er von allen herrschaftlichen und bürgerlichen Fronden befreit. Im Jahre 1663 habe sich die Herrschaft mit der Gemeinde in einem Vertrag verglichen, wonach die Gemeinde in Zukunft das Backhaus alleine instand zu halten habe, dafür aber auch die sieben Rüdergulden oder neun Gulden 8 Albus kurrenter Moselwährung Backhauszins erhalte. Vor fünf oder sechs Jahren habe nun der Winninger Bürger Johann David Hoffbauer einen eigenen Backofen errichtet und nicht nur sein Roggenbrot darin gebacken, sondern auch dem damals „ledigen Gesellen und eines Winninger Bürgerskind‘ namens Martin Müden erlaubt, sein Brot darin zu backen. Dagegen habe sich der damalige „Bannbäcker“ beschwert. Daraufhin sei dem Martin Müden lediglich erlaubt worden, Weißbrote zu backen.

Nachdem das Backhaus schon einmal abgebrannt und wieder aufgebaut worden war, befindet sich 1752 die zum Backhaus gehörende Wohnung in einem so schlechten Zustand, dass „man das Haus nur noch unter Lebensgefahr betreten kann.“ Der Neubau eines „Wohnhauses von zwei Stockwerken excl. Dach und Speicher“ wird vertraglich beschlossen.

Nach einer Beschreibung aus dem Jahre 1779 handelt es sich bei dem Gebäudekomplex in der Backhausgasse (heute Fronstraße 28) um ein zweistöckiges Wohnhaus, zu dem das eigentliche Backhaus und ein Viehstall nebst Turm (Gefängnis) gehörten. 

Im 19. Jahrhundert wurde die Nutzung des Gemeindebackhauses an den Meistbietenden versteigert. Seitdem gehörte es zu den Pflichten des Gemeindebäckers, einen oder zwei Stiere (als Zuchttiere) gegen eine entsprechende Entschädigung seitens der Gemeinde zu halten.

1811, als auch Winningen zur Frankreich gehörte, wurde die „Boulangerie Communale de Winningen“ (=Gemeindebäckerei) an Johann Georg Brost für 80 Francs jährlich verpachtet, auch 1817 hieß der Gemeindebäcker Johann Georg Brost. Dem Bäcker Konrad Haensel wird das Gemeindebackhaus 1891 unter der Bedingung, ein Stück Rindvieh (Zuchtstier) zu halten, weiterhin verpachtet. Für die Haltung eines Stieres erhält er jährlich 125 Mark, bei Haltung von „2 Stück Rindvieh“ 185 Mark. Nach Eduard Gail führten Hermann Kröber bzw. Otto Steinhauer bis in die 1920er Jahre die Bäckerei weiter. Danach befand sich die „Stierhaltung“ noch bis Anfang der 1930er Jahre in der Neu-Straße „neben dem heutigen „Knaudthaus“. Anlässlich des Neubaus des Backhauses im Jahre 1861 wurde der (Gefängnis-)Turm am 1. Mai abgebrochen.

Bereits 1862 wurde im Gemeindebackhaus „ein großes Zimmer zum Gemeindesaal bestimmt“ und am 15. Dezember 1862 eröffnet. 1891 nutzte man das Zimmer zur Aufbewahrung von Gemeindesachen. Nachdem am 27. September 1879 Feuer im Heuspeicher über dem Stierstall ausgebrochen war, wodurch Stallung, das neue Backhaus, Gemeindesaal und einige Nachbarhäuser abbrannten, erfolgte ein Neubau des Wohnhauses am Backhaus. Der Gebäudekomplex wurde bis in die 1920er Jahre noch als Gemeindebäckerei genutzt, danach diente das Haus noch viele Jahre als Gemeindebüro. 

Um 1965 erfolgte der Verkauf an die Besitzer des Gasthauses „Goldene Traube“. Das gesamte Anwesen wurde abgerissen. In den folgenden Jahren wurden eine Kegelbahn und im hinteren Bereich, dort wo der alte Gefängnisturm lag, ein Wohnhaus errichtet (heute Fronstraße 28).

(Quellenauszüge: Rainer Garbe, „Ortsbild und Infrastruktur“ – Beiträge zur Ortsgeschichte)

Heute wieder Gasthaus - früher standen hier Backhaus, der Gefängnisturm und ein Viehstall...