Der Fronhof

Als 989 der so genannte Fronhof mit Äckern und Weinbergen vom Kölner Erzbischof Everger an die Abtei Groß Sankt Martin zu Köln verschenkt wurde, bestand er sicherlich schon einige hundert Jahre. Ursprünglich war er im Besitz des Viktorklosters zu Xanten.

Die Besitzer des Fronhofes waren nicht nur die größten Grundbesitzer in der Gemarkung, sondern besaßen auch „grundherrliche Rechte* über die Gesamtgemeinde, was sich in Auseinandersetzungen der Abtei Sankt Martin bzw. (seit ihrem Verkauf 1562) des Erzbischofs von Trier mit den Grafen von Sponheim widerspiegelt. Bis Ende des 18. Jahrhunderts versuchte Kurtier immer wieder, landesherrliche Rechte aus dem Besitz des Hofes abzuleiten, was jedoch von den Landesherren erfolgreich abgewehrt wurde.

Als zentraler Ort in alter Zeit wurden auf dem Hof nicht nur das einmal im Jahr auf „Dienstag nach Johannis Baptiste“ stattfindende Hof- oder Baugeding unter Vorsitz des Hofschultheißen abgehalten, sondern auch das ebenfalls einmal im Jahr abgehaltene „herrschaftliche“ Baugeding unter Vorsitz des Winninger Vogtes bzw. der Amtmänner und Oberamtmänner zu Kastellaun und Trarbach.

Diese besondere Stellung des Hofes schlägt sich auch in den Hofweistümern nieder, in denen die allgemeinen Rechte und Privilegien wie auch die Pflichten der „Höfer“ festgehalten waren. Von den alten Rechten, die Kurtrier nach dem Ankauf von 1562 in die Neuzeit retten konnte, ist das sogenannte „ius asyli“ zu nennen. Jeder Verfolgte konnte sich aufgrund dieses Rechtes in den Hof begeben und war damit der landesherrlichen Jurisdiktion zunächst entzogen. Damit dies auch bei geschlossenem Tor erfolgen konnte, war unten am Tor eine Klappe angebracht, durch welche man auf dem Bauch kriechend hinein gelangen konnte.

Ein kurtrierischer Beamter berichtet dazu im Jahre 1765: „Der Hof zu Winningen ist ein Freihof. Dies beweist das auf dem äußeren Tor angeschlagene Wappen und darunter verzeichnete „SA[L]VAE garde“ (und] das an diesem Tor stets aufbleibende kleine Türchen, wo einer durchschlüpfen kann.

Wenn der eine oder andere Bürger zu Winningen das Leben verwirkt und sich bei Tag oder Nacht in den Hof flüchtet, so ist solcher frei und darf von dem Vogt nicht mit Gewalt hinausgeführt werden, es sei denn, daß er ausgeliefert würde. Dieser Fall hat sich aber bis dato, soviel ich mich erinnern kann, nicht zugetragen. 

Was der Winninger Amtmann davon hielt, zeigt eine Episode aus dem Jahre 1756. Er entfernte kurzerhand das unter dem kurtierischen Wappen an der Fronhofpforte angebrachte Blech mit der Aufschrift „Salve guarde“ und hatte stattdessen ein Blech mit der Aufschrift „Zoll- und Wegegeld“ angebracht, wie es an Zollstellen üblich war. Nach kurtrierischem Protest musste das alte Blech jedoch wieder angeschlagen werden. Als um 1780 ein neues Tor angefertigt wurde, nutzte Amtsverwalter Kröber die Gelegenheit. Auf seine Veranlassung musste die Klappe an dem neuen Tor „weggelassen“ werden.

Neben diesen Besonderheiten war der Fronhof ein Wirtschaftshof wie die anderen Weinhöfe auch. Die zum Hof gehörenden Ländereien und Weingärten wurden verpachtet. An der Spitze der Pächter stand der Fronhofschultheiß, der im Hof wohnte und als oberster Verwaltungsbeamter für den Gesamtablauf verantwortlich war. Beginnend mit einem „Conradus“ aus dem Jahr 1149 über Hermann Daun im Jahre 1562 sind seit Beginn des 17. Jahrhundert Cornelius Sturm bzw. dessen Nachfahren mit dem Amt betraut. Im 18. Jahrhundert sind es Mitglieder der

Familie Saas. Bei Einberufung eines Hofgedings waren neben einem kurtrierischen Beamten (oft Kellner genannt) der Hofschultheiß und die Hofschöffen geladen, welche dann die Weinberge besichtigten. Danach kehrte man in den Hof zurück, wo alle Höfer erscheinen mussten. Es wurden alle namentlich aufgerufen; wer fehlte, wurde bestraft. Auch „diejenigen, die ihre Weinberge nicht in gutem Bau halten, werden dreimal ermahnt, ist dann der Mißstand nicht abgeschafft, so wird demjenigen der Weinberg abgenommen und einem anderen übertragen.“

1657 wird die Gesamtfläche an Weingärten mit 58 Morgen angegeben, daneben fallen auf den Fronhof 5 Fuder 5 Ohm an ständigen Weingefällen sowie Teile des Zehnten (Fronhofszehnt). 1776 sind die Weingärten an 155 Pächter (Höfer) verlehnt, die überwiegend ein Drittel der gelesenen Trauben an den Hof abliefern mussten. Die Verwaltung und das Hofgericht wird neben dem Hofschultheißen Georg Peter Saas von sieben Hofschöffen übernommen.

Die Familie Saas übernahm den Hof beim Verkauf bzw. der Versteigerung durch die französische Domänenverwaltung im Jahre 1803. Bei der Versteigerung des kurtrierischen Fronhofs mit Hof und Zubehör, einem Kelterhaus und einem Garten von 2 Ar 16 Centiar Größe“ hielt der bisherige Pächter und Winzer Johann Peter Saas für 6.100 Francs den Zuschlag. Das direkt neben dem Wohnhaus gelegene riesige Kelterhaus wurde um 1895 abgerissen und an dessen Stelle eine Weinkellerei eingerichtet. 1965 heißt es: „Der Fronhof befindet sich im Besitz der Familien Eduard Hautt und Gottfried Kröber. Im Fronhof wurde eine historische Weinstube eingerichtet unter der Firmierung „Hexenkeller’. Zum Moselfest ist es die gute Stube des Verkehrs- und Verschönerungsvereins, Spitzenweine werden kredenzt. Gemeindekörperschaften halten turnusmäßig ihre Sitzungen im Fronhof Hexenkeller ab.“ Im Wohngebäude befinden sich heute die Gaststätte „Klein´s Fronhof“ und daneben der „Winninger Weinkeller“. Der „Hexenkeller“ am Weinbrunnen öffnet seine Pforten anlässlich des Winningen Moselfestes.

Quelle: Rainer Garbe „Beiträger zur Ortsgeschichte“ von den Ursprüngen bis in die Gegenwart. Die Chronik kann in der Gemeindeverwaltung oder beim Siglinde Krumme-Verlag erworben werden.

Fronhof im Lichterglanz. Foto: Lammai
Wappen über Toreinfahrt am Fronhof. Foto: Lammai