Der Riesling – die Moselrebe

Welche Sorten im Altertum und im Mittelalter hier angebaut wurden, ist heute nicht mit Sicherheit zu sagen. Es dürften weiße und blaue, z. T. auch in gemischtem Satz, gewesen sein. Bevorzugt waren jedenfalls zu Zeiten, als der Winzer noch zur Abgabe des Zehnten verpflichtet war, die reichtragenden Sorten wie der seit Römerzeiten bekannte Elbling (Klaamer), der Silvaner (Östreicher) und andere.

Der Riesling (Rösel), dessen Herkunft im Dunkeln liegt, von manchen Forschern aber als eine Entwicklung aus einer an Rhein und Mosel heimischen Wildrebe angesehen wird, setzte sich erst mit zunehmendem Qualitätsstreben im 18. und 19. Jh. ganz durch und wurde in Winningen zur einzig angebauten Sorte.

Innerhalb der Rebsorte Riesling kannte man früher leichte Abweichungen unter den einzelnen Vermehrungsstämmen. Diese waren vermutlich aus Mutationen hervorgegangen und durch fortgesetzte Selektion gefestigt. In Winningen überwog bis in die 30er Jahre d. Jh. eine Variante, bei der die Triebe und vor allem die Traubenstiele eine leicht rötliche Färbung zeigten. Man nannte sie in Ableitung von „die Rotstieligen“ Ruutschdillsches.

Diese Sortenvariante ist inzwischen völlig verschwunden. Sie wurde verdrängt von leistungsfähigeren, nun seit Jahrzehnten unter ständiger züchterischer Bearbeitung stehender Klonenstämme, die alle dieses Merkmal nicht aufweisen.

Einigen wenigen Müller-Thurgau-Anlagen aus den 30er Jahren folgten dann in der Wiederaufbauphase nach der Flurbereinigung um 1970 weitere, so wie eine größere Anzahl von Versuchsanlagen mit früh und mittelfrüh reifenden, meist reichtragenden Neuzüchtungen mit z. T. hoher Zuckerleistung, die es ermöglichten, der damals bestehenden großen Nachfrage nach Auslesen und Beerenauslesen gerecht zu werden. Bald wurde allerdings vom Weintrinker wieder der klassische Riesling bevorzugt, mit der Folge, dass die neuen Sorten, zumal sie auch anbautechnisch in Bezug auf Winterfestigkeit, Laubarbeit, Krankheitsanfälligkeit und Ertragstreue nicht problemlos waren, fast ausnahmslos wieder gerodet wurden.

(Quelle: Der Weinbau in Winningen, Gerhard Löwenstein)

Der Riesling ist mit 62 Prozent der Rebfläche heute die meistangebaute Rebe an der gesamten Mosel. Die Trauben der „Königin der Reben“ reifen spät und ergeben feine, lebendige und elegante Weine, deren Herkunft – das sogenannte Terroir – sich wie bei keiner anderen weißen Rebsorte in ihrem Charakter widerspiegelt. Duft und Geschmack erinnern an Apfel, Birne oder Kräuter. Der vielseitige Riesling ergibt Weine aller Süßegrade und Qualitätsstufen: Vom feinherben Qualitätswein bis zum mineralisch-trockenen Spitzengewächs, vom fruchtig-leichten Kabinett bis zum edelsüßen Eiswein. Halbtrockene und dezent süße Mosel-Rieslinge passen hervorragend zu würzigen Speisen und intensiven Saucen, während edelsüße Weine mit ihren exotischen Fruchtaromen aromatischen Käse und Süßspeisen ideal begleiten. Vor allem nach einigen Jahren Flaschenreife harmonieren süße Mosel-Rieslinge bestens mit kräftigen Gerichten wie Gänseleber oder Wild.

(siehe Foto „Rebsortenspiegel für Winningen“)

Das sich verändernde Klima stellt die Winzer zunehmend vor Herausforderungen. In Winningen werden aber noch keine speziellen Rebsorten angebaut, die dem Klimawandel trotzen sollen. Der Chardonnay ist eine internationale Sorte, die fast überall in der Welt auch in heißeren Klimazonen angebaut wird. Weitere Burgundersorten wie Weißburgunder und Grauburgunder sind sowohl für die nördlichen Gebiete als auch in südlicheren Regionen anzutreffen. Auch der Blaue Spätburgunder als rote Traube, verträgt heißeres und trockeneres Wetter. Der Riesling selbst verfügt über eine große „Schmerzgrenze“. Er ist genetisch und phänologisch breit aufgestellt. Es gibt Rieslingklone, die trockene Bedingungen besser vertragen als andere Rieslingklone. Mit entscheidend sind vor allem die Unterlagen, auf die die Edelreiser gepfropft werden. Kurz: Die „Rebenforscher“ sind bei der Arbeit. Riesling wird auf absehbare Zeit auch weiterhin DIE Rebe an der Terrassenmosel bleiben.

 

 

Hommage an den Riesling
Rebsortenspiegel 2021 für Winningen
Die Blätter entfalten sich. Alle Fotos: Lammai
Traubenblüte
Reifende Traube
Bereit zur Lese
Sonniger Herbst
Riesling mit Moseltalbrücke im Nebel