St. Florin

Die erste Nachricht über Güterankäufe des Stifts Sankt Florin zu Koblenz geht zurück auf das Jahr 1320. Am 12. April 1320 verkauften der „Wepeling“ (=niederadlige Knappe, Edelmann) Everkard von Lahnstein und dessen Ehefrau Heylewig, beide in Winningen wohnhaft, dem Kapitel des Stifts drei Weingärten für den Kaufpreis von 18 Mark. Gleichzeitig erhielten sie diese gegen Zahlung einer jährlichen Pachtsumme von 18 Solidi als erbliches Lehen zurück. 

Drei Jahre später erwarb das Kapitel von den Winninger Eheleuten Sibert und Grete einen auf einer Wohnung und zwei Gärten liegenden Zins von jährlich 27 Solidi für 22 Mark und 6 Solidi. Im Jahre 1332 wurde vom Winninger Schöffengericht bestätigt, dass ein dem Johann von Trier, einem Wepeling“ von Dieblich, verkaufter Wingert in der Winninger Gemarkung (wohl einer der beiden oben erwähnten Weingärten) dem Kapitel mit einem Jahreszins von 18 Solidi verpflichtet sei. Diese Urkunde ist darüber hinaus von Interesse, da sie „ante portam curtis“, d. h. vor dem Tor des Hofs, bezeugt worden ist. Daraus darf man schließen, dass Sankt Florin bereits 1332 einen Hof in Winningen besaß.

In der Folgezeit wurde weiterer Grundbesitz erworben. 1487 nannte das Stift 13 Weingärten sein eigen. Weinzinsen wurden dem Stift aus einem Weinberg im „Seifen“ geliefert, Geldzinsen erhielt es von 13 Winninger Bürgern, die auch die dem Stift gehörenden Weingärten bebauten. Eine Aufstellung aus dem Jahre 1527 über die Einkünfte aus dem Grundbesitz des zum Stift gehörenden und von ihm verwalteten Winninger Kelterhauses bestätigt den Ertrag von 13 Weingärten sowie Weinzinsen von einem Weinberg. Geldzinsen erhielt das Stift nun lediglich von vier Weingärten und einem Obstgarten. 

St. Florin hat auch in den nächsten Jahrhunderten weiteren Grundbesitz erworben, der zum Teil mit dem Hofgut, zum Teil auch an verschiedene Bauleute verlehnt wurden. Nach einer Aufstellung der Stiftsgüter zu Winningen vom Ende des 18. Jahrhunderts gehörten zum Besitz neben Haus, Hof und Garten 27 Wingerte mit 12.115 Weinstöcken, darunter zwei von zusammen 2 Morgen Fläche ohne Angabe der Stockzahl. Wenn man pro Morgen 4.000 Stöcke rechnet, hat die Gesamtstockzahl 20.115 betragen. Im Jahre 1795 wird diese mit 22.490 und im Jahre 1802 mit 24.900 angegeben. Der Reinertrag des Stiftes aus diesem Besitz belief sich im Jahre 1590, einem guten Weinjahr, auf ein Fuder Weißwein, im 18. Jahrhundert „in guten Jahren“ auf 2,5 Fuder. 1733 betrug der Reinertrag 1,5 Fuder.

Von der Verpachtung des Hofs zusammen mit fünf Weingärten erfahren wir das erste Mal genaueres im Jahre 1546. „Uff montagh nach dem heiligen Palmtag“ verlehnten Dechant und Kapitel des Stifts St. Florin ,,den ehrbaren Leuten Johan Crovern und Trinen seiner ehelichen Hausfrawen, ihren Erben und Nachkommen Haus, Hof, Kelterhaus, Scheuer und Garten daran zu dem Dorf Winningen, darzu etliche Wingarten in dem Bezwanck und Marken“. Die Eheleute verpflichteten sich, das Anwesen „an Dachen Fachen und Gemathen“ in Ordnung zu halten und dem Stift „alle und iegliches Jars“ den dritten Teil des „Gewächses* abzuliefern. Auch versprachen sie, die Lesezeit rechtzeitig anzuzeigen, damit das Stift auf eigene Kosten einen Windelboten bestellen und durch diesen „Weinmann“ die Ernte vor der Kelter oder gleich in den Weingärten aufgeteilt werden konnte. Auch behielt sich das Stift zur Herbstzeit ein Wohn-und Nutzungsrecht im Hof vor, woraus den Lehnsleuten jedoch kein finanzieller Schaden entstehen sollte. Die Weingärten waren „in gutem Bau“ zu halten, „als mit roden, setzen, proffen und ander gewonlicher arbeit. Alle zwölf Jahre war einer der Wingerte mit Wissen des Stifts zu misten. Falls dies vor dem St. Johannistag geschah, sollte die gesamte Ernte des betreffenden Weingartens den Eheleuten verbleiben. 1546 wurden auch die übrigen elf Weingärten desStifts an die Winninger Eheleute Thoniges und Trine Sael sowie Friederich und Gutgen von „Wiriges“ verlehnt. 

In der beschriebenen Art und Weise ist das Hofgut auch in den nächsten Jahrhunderten verpachtet worden. Man sollte annehmen, dass auch der Florinshof – wie alle anderen geistlichen Güter – von den französischen Verwaltungsbehörden eingezogen und öffentlich an den Meistbietenden versteigert worden ist. Die Verkaufsprotokolle geben darüber jedoch keine Auskunft. 1817 sind Philipp Karl Hauths Witwe Caroline (geb. Mölich) und Christian Hauth (*1785), ein lediger Bruder Philipp Karls, als Eigentümer nachgewiesen.

Von den alten Gebäuden sind noch Teile des ursprünglichen Mauerwerks und des Dachstuhls vorhanden.1679 war der Hof „in ziemblich bauw“. 1779 wird er als ein zweistöckiges Wohnhaus nebst daran und darunter gebautem Kelterhaus und Stallung“ beschrieben. Nach der damaligen Schätzung des Gebäudekomplexes auf 800 Florin muss es ein recht ansehnliches Anwesen gewesen sein.

(Quellenauszüge: Rainer Garbe: Winningen –  „Beiträge zur Ortsgeschichte“)

Anmerkungen: 1834 teilte die Witwe Carolina Catharina Huth das Anwesen für ihre beiden Töchter, die gleichzeitig geheiratet haben, in den oberen Teil (Osterstraße 6) und den unteren Teil, Fronstraße 3. Das alte Hofgebäude in der Osterstraße 6 wurde in den 1920er Jahren größtenteils abgerissen und durch einen Neubau für eine Bäckerei ersetzt. 2005 wurde das Haus grundlegend umgebaut.

Die ehemaligen Wirtschaftsräume in der Fronstraße 3 wurden 1836 zum Wohnhaus umgebaut und bis zum Anfang des 20. Jahrunderts als Weingut genutzt.

 

Urkunde über eine Verpachtung aus dem Jahre 1564
Ehemaliger Florinshof um 1900
Bäckerei Brost. Quelle: "Darf es etwas mehr sein", von Martina Kröber, Vinothek Winningen
Entwurf vom Winninger Architekten Bernhard zum Neubau der Bäckerei. Quelle: "Darf es etwas mehr sein", von Martina Kröber, Vinothek Winningen