Der Uhlen – ein besondere Weinlage

Unabwägbares Mysterium.. Viele Autofahrer auf der Autobahn 61 schauen ins Tal hinunter, wenn sie die Mosel bei Koblenz passieren. Doch nur wenigen ist bewusst, dass der steile, terrassierte, nach Süden ausgerichtete Hang, flussaufwärts eine einzigartige Weinbergslage von großer Berühmtheit und Vergangenheit ist. Sie haben noch nie vom »Uhlen« gehört.

Uhlen: ein ebenso ausdrucksstarker wie rätselhafter Name für eine Weinbergslage. Entstammt er dem norddeutschen »Uhlen« für Eule? Doch was haben weise Eulen mit dem Weinbau zu tun? Vielleicht würde ihre Wahl auf einen Riesling aus dem Uhlen fallen, stellte man sie vor die Wahl. Dieser gehört auf alle Fälle zum ausdrucksstärksten, was Deutschland, die Welt, überhaupt an Weinen zu bieten hat. Für jene, die sich von den in aller Herren Länder produzierten, sich immer mehr ähnelnden Modeweinen gelangweilt fühlen, wäre dies eine weise Entscheidung.

Uhlen: eine ebenso ausdrucksstarke wie rätselhafte Landschaft. Von der Mosel lediglich durch Chaussee und Bahnlinie getrennt, stellt der Uhlen ein gewaltiges Terrassensystem dar, das vom Fuß aus gesehen den felsigen Hang mit unzähligen Stufen in den Himmel hinauf zu steigen scheint. Vom anderen Ufer aus wirkt der Uhlen eher wie die Fassade einer mächtigen gotischen Kathedrale. Diese optische Verwandtschaft ist den hier Ansässigen bereits vor langer Zeit aufgefallen; sie bezeichnen die Terrassen als »Chöre«. Es ist mehr als eine oberflächliche Ähnlichkeit, denn wie der Kölner Dom ist der Uhlen das Werk unzähliger Generationen und im 19. Jahrhundert vollendet worden.

Uhlen: Wie viele Generationen an diesem Kunstwerk mitgearbeitet haben, bleibt offen. Viele Weinbücher weisen darauf hin, dass an der Terrassenmosel im Gegensatz zum übrigen Mosel-Saar-Ruwer-Gebiet die Weinberge, wie es der Name andeutet, im allgemeinen terrassiert sind. Eine Erklärung dafür wird jedoch nicht versucht zu geben. Könnte es sein, dass die Weinberge an Mittelmosel, Saar und Ruwer zwar im dritten und vierten Jahrhundert nach Christus angelegt wurden, um den Durst der Stadt Trier zu stillen, damals die größte Stadt nördlich der Alpen, die der Terrassenmosel jedoch einer anderen Epoche entstammen? Ganz ohne Frage weisen sie auffallende Ähnlichkeit mit anderen Weinbergslagen auf, die im Hochmittelalter terrassiert wurden, zum Beispiel in der Wachau. Es gibt allerdings keinerlei schriftliche Beweisstücke, mit denen diese Annahme untermauert oder widerlegt werden könnte.

Uhlen: Wenn man sich mit dem Berg aus wissenschaftlicher Sicht genauer beschäftigt, ergibt sich ein verwirrendes Bild. Im Gegensatz zu vielen anderen Spitzen-Weinbergslagen in Deutschland und andernorts bildet er alles andere als eine geologische Einheit. Schon bevor die Grenzen nach dem Weingesetz von 1971 ausgeweitet wurden, setzte sich der Uhlen aus drei geologischen Formationen des Devon zusammen. Geschmacklich ist das Bild jedoch ziemlich klar. So gut wie alle Rieslinge aus dem Uhlen, denen diese Lage ihre Spitzenstellung an der Terrassenmosel verdankt, stammen entweder vollständig oder zu einem großen Teil aus der Urlage Roth Lay. Der Gegensatz zwischen Weinen aus dem traditionellen Bereich des Uhlen und denen aus Winningens zweiter Spitzenlage, dem Röttgen, könnte kaum ausgeprägter sein. Letztere tendieren zu Opulenz und Saftigkeit, so dass der Winzer Reinhard Löwenstein sie als »Mittagshitze über dem Obstmarkt« beschreibt, während er beim Uhlen von »Transzendenz« spricht.

(Quelle: Auszug aus „Erste Lage Uhlen“, von der Geologie zum Terroir, Weingut Heymann-Löwenstein)

 

Der Uhlen

Blaufüsser Lay: Keltisch, und damit wesentlich älter, ist der Begriff „Lay“. Er hat Römer und Franken überdauert und ist als Synonym für Schiefer vor allem in Orts- und Flurnamen überall an der Mosel präsent. Unser Weinberg liegt unterhalb des Felskopfes „Blumslay“. Eine Bezeichnung, die weniger den schönen Felsenblumen geschuldet ist, als dem Versuch, den Dialektausdruck Bloos-Lay (Blaue Lay) ins Hochdeutsche zu überführen. Blau grau ist der Schiefer in der Tat, und macht daher die Katasterbezeichnung „Unter der Blaufüßer Lay“ plausibel. Andererseits: Bis Ende des 19. Jahrhunderts war hier ein großer Hort seltener Fischadler. Und die hatten nachweislich ziemlich blaue Füße. Fakten: Geologische Definition: Devon, hier eine „geologische Störung“ in den jüngeren Laubach-Schichten mit blau-grauen, tonhaltigeren Schiefern.

Uhlen Laubach: Laubach. Der Bach an dem die Lohmühle stand. Um Rindsleder zu gerben, wurde hier Eichenrinde zu Lohe gemahlen. Was das mit dem Uhlen zu tun hat? Nichts. Aber am Laubach bei Koblenz entdeckte ein Geologe einen völlig untypischen, extrem kalkhaltigen Schiefer. Entsprechend geologischer Usancen wurde er mit dem Namen des Ortes seiner Entdeckung getauft und fand als „Laubach“ Einzug in die Fachliteratur. Und durch seine Präsenz im Uhlen nun auch in die Weinwelt. Fakten: Geologische Definition: Devon, Laubach-Schichten. Ein sandiger Schiefer, der durch seinen hohen Kalkanteil von bis zu 10% grau gefärbt ist. Viele Steine enthalten Fossilien aus Muscheln und Korallen, die sich im flachen Wasser mit ausreichend Sauerstoff optimal entwickeln konnten. Mit den Schichten der Laubach ist das Kapitel „Devon“ bei uns abgeschlossen: Das ehmals  über 10 km tiefe Meer war nun mit Sedimenten gefüllt.

Roth Lay: Den Felskopf, der als höchste Erhebung die Terrassen des Uhlen krönt, nennen wir im Dialekt die Roth Lay. Eine Lady! Nach hingebungsvollem Weingenuss – die Berichte häufen sich – inkarniert sie aus dem nebligen Schiefer als rotgelockte Felsenschönheit. Ocker, Rot, Violett. Je höher die Terrassen, um so farbenprächtiger illuminiert sie das Moseltal. Die Roth Lay ist umwoben von einer geheimnisvollen Aura. Im tropischen Rot leuchten uralte, im  Meer versunkene Inseln. Eisen und Mangan verästeln auf den Felswänden zu magischen Zeichen, und schwere, erzhaltige Steine nähren Spekulationen über des Einschlag eines Meteoriten. Fakten:Geologische Definition: Devon, Emsquarzit und Hohenrhein-Schichten. Die Farbe der Steine wechselt hangaufwärts von Grau zu verschiedenen Rottönen. Der Fels ist extrem hart, wird aber hie und da von einem weichen, tonhaltigen Band unterbrochen.

(Quelle: Auszug aus „Weine“ des VDP-Weinguts Heymann-Löwenstein)

Für junge Entdecker

https://www.lebendige-moselweinberge.de/doc/dlr_lmwkids.pdf

Der Steillagenweinbau

https://www.lebendige-moselweinberge.de/doc/dlr_steillagenweinbau.pdf

Wassersport auf der Mosel und die Steillagen des Uhlen. Foto: Lammai
Uhlen-Karte der Geschützen Ursprungsbezeichnung (GU)
Panoramaaufnahme Uhlen im Winter. Foto: Lammai
Uhlenterrassen. Foto: Lammai
Uhlen-Terrassen im Winter. Foto: Lammai
Junger Uhu
Weinlese um 1910 im "Uhlen". Foto: August Knebel
Versteinerungen aus dem Devon. Foto: Lammai
Kalkablagerungen im Gestein. Foto: Lammai
Tafelkoralle mit Schmarotzerwurm. Foto: Lammai
Versteinerung. Foto: Lammai