Villa Rustica

Auf Lebensqualität haben die Vorfahren im 1. Jahrhundert nach Christus auch schon geachtet. Immerhin suchten sie sich für ihre „Villa Rustica“ ein Plätzchen, von dem aus die Sicht auf die Mosel außergewöhnlich war. Dass sie diversen Annehmlichkeiten nicht abgeneigt waren, zeigen auch die Funde an der Ausgrabungsstelle, aus dem frühen 20. Jahrhundert vom Winninger Arzt Dr. R.  Arnoldi. Bevor die Autobahn 61 (Krefeld-Ludwigshafen) gebaut wurde, machten sich die Archäologen dann im Jahre 1971/72 noch einmal ans Werk, um den Gutshofes mit modernen wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen. Wer sich für Details interessiert: Der Archäologe Dr. Marko Kissel hat über die „Römische Villa von Winningen“ seine Dissertation geschrieben (Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel, Band 15). Für Winningen und den Weinbau besonderes wichtig: Kissel geht davon aus, dass im Gutshof „Auf dem Bingstel“ auch Wein hergestellt wurde. Das bedeutet, dass schon vor mehr als 1.800 Jahren in Winningen Weinbau betrieben wurde. Selten auch, dass eine – zumindest kleine – Kelteranlage auf dem Berg nachgewiesen wurde.

Der Archäologe Dr. Hans-Helmut Wegener schreibt im Vorwort (Auszüge) zu Kissels Werk:„ Die römische Villa von Winningen gehört an Mittelrhein und Mosel zu den archäologischen Denkmälern, die schon seit langem bekannt sind. Bereits vor über 100 Jahren erkannte der an der Altertumswissenschaft interessierte Arzt Dr. R. Arnoldi aus Winningen, dass die in der Nähe des Distelberger Hofes, oberhalb des Ortes „Auf dem Bingstel“ gelegenen Baureste, zu einer römischen Villenanlage gehörten. Er legte sogar Teile des zugehörigen Badetraktes frei. Erst wieder in den Jahren 1971/72 wurden hier archäologische Ausgrabungen durch das damalige Amt für Vor- und Frühgeschichte unter der Leitung von Dr. Hans Eiden durchgeführt. Die Planungen der linksrheinischen Autobahn (A 61) sahen einen Verlauf der Trasse vor, der den ehemaligen römischen Gutshof nahezu vollständig zerstören würde. So waren umfangreiche Ausgrabungen und die Dokumentation der Befunde, aber auch die Sicherung des Bestandes, der römischen Baureste geboten.

Dennoch liegt eine systematische vollständige Grabung eines gesamten römischen Gutshofes aus dieser Region bisher nicht vor. Bisherige Ausgrabungen, auch die in der Villa „Am Silberberg“ in Ahrweiler beinhalteten lediglich das Hauptgebäude oder so genannte „Herrenhaus“. Dagegen konnte durch systematische Ausgrabungen die römische Villa von Winningen nahezu vollständig archäologisch erfasst werden, wobei die nördlichen Nebengebäude mit Umfassungsmauer durch Luftbildarchäologie nachgewiesen wurden. So kann dieses für die mittelrheinische Landschaft typische römische Landgut als eine der wenigen gründlich archäologisch untersuchten, nunmehr auch wissenschaftlich ausgewerteten und in den Ergebnissen vorgelegten römischen Villen gelten. Dies ist Marko Kiessel im Rahmen seiner Trierer Dissertation bestens gelungen. Gerade dieser Arbeit kommt eine besondere Bedeutung zu, da sie einen landwirtschaftlichen Betrieb beschreibt, der auch typische Merkmale der römischen Landnahme und Kolonisation beinhaltet und widerspiegelt, was schon in der landschaftsbeherrschenden Lage Ausdruck findet.“

 

So nebenbei von Bedeutung:

Im Jahre 280 hob Kaiser Probus das von Kaiser (51-96) im Jahre 92 verhängte Verbot auf, in den Provinzen außerhalb von Italien Rebstöcke anzupflanzen. In der „Historia Augusta“ wird erwähnt: Gallis omnibus et Hispanis ac Brittannis hinc permisit, ut vites haberent vinumque conficerent (Er erlaubte allen Galliern, Spaniern und Briten, Reben zu besitzen und Wein herzustellen). In und gilt er als Begründer des Weinbaus.

 

"villa rustica" an der Moseltalbrücke. Foto: Lammai
Autobahnraststätten, Römervilla. Foto: Lammai
Münze Kaiser Probus. Foto: Lammai
Münze Kaiser Constantin, Trier, um 300 n.Chr. gefunden in der Weinlage "Hamm" Foto: Lammai
Luftbild Ausgrabungen 1972. Foto: Lammai
Terra Sigillata - Scherbe mit Löwendarstellung. Foto: Lammai
Scherben von Töpfen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert. Foto: Lammai